Natriummangel: Mythen & Fakten

Natriummangel: Mythen & Fakten

Natriummangel brauchen Sie als gesunde Person bei normaler Ernährung nicht zu befürchten. Die Elektrolyte aus Nahrungsmitteln und Getränken reichen praktisch immer aus, um den Tagesbedarf an Natrium zu decken und bieten eher ein Zuviel an Kochsalz. Nur bei gesteigerter Harnproduktion, Durchfall und verschiedenen anderen Erkrankungen tritt ein klinisch manifester Mangel auf.

Die Rolle von Natrium im Körper

Natrium gehört mit Kalium und Chlorid zu den wichtigsten Elektrolyten des menschlichen Körpers. Natrium ist zusammen mit Chlorid vor allem in der Extrazellularflüssigkeit und somit in Blut und Lymphe anzutreffen, wohingegen der größte Teil des Kaliums innerhalb der Zellen vorliegt. Letzteres gilt im Stoffwechsel als Gegenspieler der beiden anderen Ionen. Durch die unterschiedlichen Konzentrationen herrscht eine geringfügige Spannung zwischen Zellinnerem und Außenraum. Strömen Kaliumionen aus der Zelle heraus und im Gegenzug Natrium und Chlorid hinein, entsteht ein Aktionspotential. Es dient als Grundlage für die Weiterleitung von Nervenimpulsen und die Kontraktion der Muskulatur. Ohne diese Mechanismen würde das Gehirn nicht arbeiten und keine Reize von sensiblen Nerven empfangen oder Signale aussenden. Skelettmuskel, Herz und glatte Muskulatur der Eingeweide arbeiten nur dank Natrium und seiner Kollegen.

Wie viel Natrium ist im Blut?

Der Blutwert von Natrium und liegt bei gesunden Menschen zwischen 135 und 144 mmol/l (Millimol pro Liter). Er entspricht dem des Blutserums und anderer Flüssigkeiten außerhalb der Zellen. Steigt er über diesen Normbereich oder Referenzbereich an, spricht man von Natriumüberschuss im Blut (Hypernatriämie), sinkt er weiter ab, von Natriummangel (Hyponatriämie). Gesundheitlich zuträglich ist weder das eine noch das andere.

Wie häufig ist Natriummangel?

Bei einem gesunden Menschen mit normaler Ernährung ist Natriummangel ausgeschlossen. Zu Mangelerscheinungen kommt es nur, wenn die Natriumzufuhr nicht ausreicht oder die Nieren zu viel davon ausscheiden. Die Aufnahme von Natrium aus der Nahrung erfolgt über den Darm. Seine Schleimhaut resorbiert die Ionen und gibt sie an das Blut weiter, um sie zu ihren Bestimmungsorten zu transportieren. Natrium liegt in Form von Natriumchlorid und anderen Verbindungen wie Soda (Natriumcarbonat) und Natron (Natriumhydrogencarbonat) vor – in Europa sogar mehr als uns lieb sein sollte.

Warum ist zu viel Natrium ungesund?

Hauptsache schön salzig: Galt Kochsalz bis vor einigen Jahrhunderten als Kostbarkeit, stehen uns heute scheinbar unbegrenzte Mengen zur Verfügung. Vor allem verarbeitete Lebensmittel enthalten so viel Salz, dass der resultierende Natriumüberschuss negative Folgen für die Gesundheit hat. Die Natriummenge im Blut steht in direktem Zusammenhang mit dem Blutdruck. Ab 140 mmol/l führt das Überangebot zu Bluthochdruck, der als Risikofaktor für Arterienverkalkung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen gilt.

Wie kommt es zu Natriummangel?

Ist der Natriumspiegel im Blut erniedrigt, liegt das meistens an der verstärkten Ausscheidung und nur selten an einer mangelnden Aufnahme. Die beiden Nieren agieren als Stellschrauben für den Natriumgehalt des Blutes. Ein Regelkreis von Hormonen, das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS), nimmt aktuelle Informationen von Sensoren des Blutdruckes und der Konzentrationen von Elektrolyten auf und reguliert die Ausscheidung von Wasser und Ionen über den Urin. Entscheidend für die ausgeschiedene Menge Urin ist weniger die primäre Abgabe als die nachfolgende Wiederaufnahme von Elektrolyten und Flüssigkeit in den Nieren. Der Blutdruck presst das Serum in den Nierenkörperchen wie durch einen Filter. Kleine Teilchen wie Natrium und Wasser gelangen problemlos durch das dünne Endothel der Blutkapillaren in die unmittelbar benachbarten (proximalen) Nierenkanälchen. Wie beim Kaffeesatz bleiben große Moleküle und Partikel wie Proteine und Blutkörperchen im Blut zurück. Von den pro Tag gebildeten 180 Litern Primärharn holt sich der Körper den größten Teil wieder. In den entfernteren (distalen) Nierentubuli sorgen spezielle Ionenpumpen für die Rückresorption von Natrium und anderen Ionen ins Blut. Das Wasser des Primärharns folgt dem osmotischen Geschehen und fließt ihnen zum größten Teil hinterher. Letztlich bleiben im Endharn vor allem Abfallstoffe wie Harnstoff und Abbauprodukte des Hämoglobins zurück, die für die typische gelbliche Färbung sorgen. Gelöst sind sie in einer deutlich reduzierten Flüssigkeitsmenge: Übrig bleiben zwei bis drei Liter am Tag. Das RAAS überwacht das Geschehen und sorgt dafür, dass die Blutwerte von Elektrolyten wie Natrium im Normbereich bleiben. Ist von einem davon zu viel im Blutserum vorhanden, wird die Rückresorption heruntergefahren, bei einem Mangel verstärkt.

Absoluter und relativer Natriummangel

Mediziner unterscheiden zwischen absolutem und relativem Natriummangel. Im ersten Falle geht zu viel Natrium durch gesteigerten Flüssigkeitsverlust verloren. Gleichzeitig ist das Blutvolumen vermindert, und man spricht von einer hypovolämischen Hyponatriämie. Beim relativen Mangel ist prinzipiell genug Natrium vorhanden, aber es wird durch ein Zuviel an Blut zu stark verdünnt. Daher bezeichnet man ihn als hypervolämische Hyponatriämie.

Absolute Hypernatriämie: Natriummangel bei Flüssigkeitsverlust

Flüssigkeitsverlust durch Nierenerkrankungen

Zu einer absoluten Hyponatriämie kommt es vor allem durch Nierenerkrankungen. Einschränkung der Nierenfunktion bedeutet meistens, dass die Rückresorption nicht mehr funktioniert. Zuviel Primärharn mit allen darin befindlichen Substanzen geht verloren, ohne dass sich die Niere die wichtigen Elektrolyte und Wasser zurückholen kann. Daher endet Nierenversagen schnell tödlich.

Durchfall und Erbrechen

Klinisch an zweiter Stelle stehen Natriumverluste über den Darm. Sie kommen insbesondere bei Durchfällen vor, bei denen der Körper Krankheitserreger im Darm mit reichlich Wasser wegzuspülen versucht. Dadurch gehen Flüssigkeit und Elektrolyte verloren. Quasi auf der anderen Seite des Magen-Darm-Traktes führt häufiges Erbrechen zu Natriummangel. Hierbei verliert der Körper über den erbrochenen Mageninhalt zudem eine Menge Chlorid, denn die Magensäure enthält Salzsäure (HCl).

Wasserverlust über die Hautoberfläche

Die gesunde Haut schützt vor Krankheitserregern und dem Verlust von Wasser und Elektrolyten aus dem Körperinneren. Bei großflächigen Verbrennungen gehen große Mengen Flüssigkeit mit allen darin gelösten Substanzen verloren. Für Verbrennungsopfern ist der Verlust von Exsudat neben der Infektionsgefahr das größte Problem. Dagegen fallen Flüssigkeitsverluste durch Schwitzen kaum ins Gewicht. Trotzdem sollten insbesondere Hochleistungssportler auf den Ausgleich von Wasser und Elektrolyten achten.

Natriummangel durch Medikamente

Entwässerungsmittel können einen Natriummangel auslösen. Die als Diuretika bezeichneten Medikamente erhöhen die Harnausscheidung (Diurese). Man setzt sie ein, um das Blutvolumen bei Bluthochdruck (Hypertonie) herabzusetzen oder die Bildung von Wasseransammlungen (Ödemen) bei Herzinsuffizienz und Nierenfunktionsstörungen zu verhindern. Hierzu gehören Hydrochlorothiazid, Spironolacton, und Torasemid.

Wasser- und Elektrolytverlust bei Diabetes

Bei erhöhtem Blutzucker verändert sich der Elektrolythaushalt, denn Traubenzucker ist osmotisch aktiv. Seine Konzentration in Extrazellularraum und Blut muss der Körper ebenso wie die von Natrium in engen Grenzen halten. Hier liegt der Normwert zwischen 80 und 120 Milligramm pro Deziliter. Bei Diabetes Typ II spricht man von Insulinresistenz. Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) produziert das für den Glukosehaushalt wichtige Hormon Insulin in ausreichenden Mengen, aber die Rezeptoren an den Zelloberflächen reagieren nicht darauf. Das wäre aber notwendig, damit die Zellen den Blutzucker zur Verwertung aufnehmen und er aus dem Serum verschwindet. Sammeln sich große Menge Glukose im Extrazellularraum an, zieht der osmotisch aktive Zucker Wasser aus den Zellen und mit ihm Elektrolyte wie Natrium. Beide werden verstärkt über die Nieren ausgeschieden. Das ist der Grund, warum man erhöhten Blutzucker früher als Zuckerharnruhr bezeichnete: Patienten müssen andauernd zur Toilette und scheiden Traubenzucker aus. Als es noch keine Teststreifen für Urin gab, diagnostizierten Ärzte Diabetes mit einer Geschmacksprobe. Wird die dadurch ausgelöste Austrocknung (Dehydrierung, Exsikkose) nicht durch Aufnahme von Wasser und Elektrolyten verhindert, nimmt sie schnell lebensbedrohliche Ausmaße an. Als kritisch gelten Blutzuckerwerte über 600 Milligramm pro Deziliter. Einen akuten Natriummangel ohne erhöhten Blutzucker schafft ein unbehandelter Diabetes insipidus. Bei der Wasserharnruhr kommt der Zucker weder im Namen noch im Urin vor. Die Patienten scheiden täglich bis zu 30 Liter Flüssigkeit aus, der jedoch der süße Geschmack wie beim „normalen“ Diabetes fehlt. Ursache dafür ist ein Mangel am antiduretischem Hormon ADH (Vasopressin) oder eine Nierenschädigung.

Natriummangel durch erhöhtes Blutvolumen

Herzinsuffizienz ist eine häufige Ursache für relative Hyponatriämie. Ist die Herztätigkeit eingeschränkt, dringt verstärkt Lymphe in das Gewebe ein und lässt dieses anschwellen. Besonders augenfällig wird das an den Beinen, die als erstes dick werden. Ebenso kann eine geschädigte Niere mit eingeschränkter Funktion nicht genug Wasser ausschleusen – ein anders gelagerter Fall von Niereninsuffizienz. Beides verdünnt das vorhandene Natrium über den Referenzbereich hinaus. Bei Sportlern kommt es durch die Zufuhr ungeeigneter Getränke zu einem Natriummangel. Sind darin zu wenige Elektrolyte vorhanden, steigert das Wasser das Blutvolumen. Noch exzessiver ist der relative Natriummangel bei Trinken von destilliertem Wasser. Es wird schnell aufgenommen und verdünnt das Blut so stark, dass man von einer Wasservergiftung spricht.

Symptome von Natriummangel

Natriummangel macht sich als erstes im empfindlichen Gehirn bemerkbar. Die Patienten fühlen sich schwach und sind müde und abgeschlagen. Mit fortschreitendem Fehlen von Natrium führen Störungen der Reizleitung zu Verwirrtheit, Schwindel, Übelkeit und Erbrechen. Letzteres verursacht weiteren Flüssigkeitsverlust und verschlimmert die Sache zusätzlich. Ebenso ist die Muskelkontraktion beeinträchtigt, sodass es zu einer Muskelschwäche kommt. Insbesondere bei älteren und pflegebedürftigen Patienten tritt ein Natriummangel auf, weil sie wie so oft das Essen und Trinken vergessen. Für sie ist die Kombination aus schwacher Muskulatur und eingeschränkter Sensorik fatal, da daraus eine erhöhte Sturzneigung resultiert. Noch dramatischer sind die Folgen, wenn das Fehlen von Natrium in der Extrazellularflüssigkeit das osmotische Gleichgewicht verschiebt und verstärkt Wasser in die Zellen eindringt. Beim Gehirn resultiert daraus ein Hirnödem, das Bewusstseinsstörungen, Ohnmachtsanfälle und letztlich Koma auslöst. Kritisch wird die Angelegenheit bei Natrium-Blutwerten unter 100 mmol/l – dann besteht unmittelbare Lebensgefahr.

Natrium und Ernährung

Wie beschrieben ist ein Natriummangel bei normaler Ernährung nicht zu befürchten. Natrium gehört zu den Mengenelementen und ist überall in der Natur reichlich vorhanden. Natriumreiche Lebensmittel sind vor allem solche, die in zubereiteter Form vorliegen. Früher waren Einsalzen, Pökeln und Räuchern die einzigen Möglichkeit, Fleisch und Fisch über längere Zeit haltbar zu machen. Pökelsalz enthält neben Nitraten vor allem Kochsalz. Daher sind Räucherwaren wie Schinken und Salami ebenso wie Salzheringe reich an Natrium. Gleiches gilt für Fertiggerichte, Konserven und vor allem für Fast Food. Pizza, Burger, Chips und Ähnliches sind reichlich mit Kochsalz, Fetten, Aromastoffen und Konservierungsmitteln gesegnet. Schauen Sie bei Fast Food-Ketten mal auf die Zutatenlisten – Sie werden sich wundern, wie man bei Pommes auf zehn Inhaltsstoffe kommt und nicht nur auf Kartoffeln, Fett und Salz. Arm an Natrium, aber reich an Kalium sind frisches Obst und Gemüse. Bei den Früchten sind Bananen, Aprikosen und Trockenobst die Spitzenreiter bei den Kaliumwerten, bei den Gemüsen Kohlsorten und Hülsenfrüchte. Ähnliches gilt für Getreide und Nüsse. Mit reichlich Kalium und wenig Natrium senkt man den Blutdruck, denn beide beeinflussen den Wasser- und Elektrolythaushalt über die Nieren und regulieren das Blutvolumen, das für den Blutdruck mitverantwortlich ist.

Natriummangel beheben

Stehen organische Ursachen hinter dem Natriummangel, steht die Behandlung der Grunderkrankung an erster Stelle. Bei hohem Flüssigkeitsverlust gehen Wasser und Ionen verloren. Viel trinken und Zufuhr von Elektrolyten helfen den Natriummangel auszugleichen. Bei den weit verbreiteten Durchfallerkrankungen gehören Salzstangen und Cola zu den bekanntesten Hausmitteln. Aus medizinischer Sicht sind sie nicht zu empfehlen. Zum einen reizt die Kohlensäure dem ohnehin angespannten Magen und Darm. Zum anderen ist der reichlich vorhandene Zucker nicht gesund. Abgesehen von seinen Kalorien nutzen ihn Darmbakterien zur schnellen Energiegewinnung. Gegebenenfalls füttert man damit Krankheitserreger, die man eigentlich loswerden möchte. Zum anderen setzen sie bei der Gärung Gase frei, welche die Darmwand mit Blähungen zusätzlich belasten. Bauchschmerzen lassen sich besser mit Tees beruhigen, etwa einer Mischung aus gleichen Teilen Fenchel, Anis und Kümmel. Für die Behebung des Natriummangels und des Elektrolytverlustes gibt es spezielle Elektrolytmischungen in der Apotheke, die ein ausgewogenes Verhältnis unterschiedlicher Mineralstoffe bieten. Das ist besser als auf die reine Zufuhr von Kochsalz mit den Salzstangen zu setzen.

Hausmittel gegen Natriummangel

Außer auf Cola und Salzstangen sollte man auf selbst gemixte Hausmittelchen aus Salz, Zucker und Backpulver verzichten. Sie kursieren in vielen Empfehlungen, liefern aber weder wirklich geeignete noch reproduzierbare Elektrolytmengen. Sitzt man zuhause mit Durchfall und Erbrechen fest, tut es fürs erste eine klare Brühe oder Bouillon. Damit hat man wenigstens etwas im Magen, wenn man schon keine feste Nahrung zu sich nehmen kann. Noch besser ist eine Karottensuppe. Mit dem Passierstab ist sie aus Brühe und Karotten schnell zubereitet und liefert genug Material zum Ausgleichen von Flüssigkeitsverlust und Natriummangel. Ein ähnlich bewährtes Hausmittel ist der altbekannte Haferschleim, den man bei Durchfällen mit Wasser anstelle von Milch kocht. Ebenso hilfreich ist Zwieback, bei dessen Verwendung man reichlich trinken sollte. Am besten ist Wasser aus dem Hahn. Sprudelwasser, also Mineralwasser oder Tafelwasser mit Kohlensäure vermeidet man aus besagten Gründen besser.

Was ist bei Natriummangel zu beachten?

All diese Hausmittel kümmern sich um den Natriummangel und Flüssigkeitsverlust bei Durchfällen. Die meisten anderen Ursachen für zu wenig Natrium im Blut müssen von einem Arzt behandelt werden. Insbesondere bei alten Menschen und Säuglingen sind Flüssigkeits- und Elektrolytverluste schnell kritisch und lebensbedrohend. Daher sollte man mit diesen sicherheitshalber zum Arzt gehen, insbesondere wenn Fieber und zusätzliche, unklare Symptome hinzukommen.

Quellen

Bild von Bruno Glätsch auf Pixabay

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